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Wunder

 
       
  Wunder, ein übernatürliches oder außergewöhnliches Ereignis, für das es keine rationale Erklärung gibt; fromme Menschen sehen darin das Wirken Gottes. Biblischen Geschichten zufolge soll Christus zahlreiche Wunder gewirkt haben, häufig durch Handauflegen, eine Methode, der sich viele christliche Glaubensheiler bedienen. Edwards, Harry, und Lourdes. E: Nach kirchlicher Lehrmeinung gehört zur Charakteristik eines Wunders nicht nur seine Unerklärlichkeit nach normalen Kriterien, sondern auch seine Bedeutsamkeit für die Glaubenswelt (»heilsgeschichtliche Relevanz«), um es vom »dämonischen Pseudowunder« unterscheiden zu können.

Wunder Als «Wunder» gelten ungewöhnliche Ereignisse, Erfahrungen oder Taten, die so erstaunlich und geheimnisvoll sind, dass man sie als Wirkungen einer heiligen oder jenseitigen Macht glaubt erklären zu müssen. Wunder sind für alle Religionen typisch. Sie waren dem alten Orient genauso vertraut wie dem Hellenismus. Im 1. Jahrhundert n. Chr. gab es eine regelrechte Wunderrenaissance. 1. Die wesentlichen Äußerungen der Religionen zielen auf den Glauben an Wunder. Die rituellen Handlungen im Kult basieren auf bestimmten magischen Grundvorstellungen (Magie), die besagen, dass die Welt der Materie (das Körperlich-Stoffliche), aber auch das Geistige durch Manipulationen zu verändern seien - Magie und religiöser Kult wollen Weltveränderung und Weltverbesserung bewirken. Dabei soll das Böse und Gefährliche gebannt, das Gute hingegen befreit werden. Dies erreichen Ritus und Kult, Beschwörung und Askese (Entsagung), Zauber und Gebet. Auch die christliche Taufe und das Abendmahl (Sakrament) sind Wunder als Ergebnis von Riten. Die Mythen, deren Hauptfiguren Götter, Halbgötter oder beispielhafte Menschen darstellen, sind voll von Wundern: Die Grenzen zwischen Himmel und Erde, Oberwelt und Unterwelt, Gott und Mensch, Mensch und Tier sind offen. Die Gestalten des Mythos vollbringen diejenigen Wunder, die Magier und Schamanen gerne selbst vollbringen möchten. Die mythischen Fabelwesen sind demnach Wunschbilder der Menschen, die die Mythen überliefern. Eine besondere Funktion des Wunders besteht darin, Religion zu stiften: Am Anfang der meisten Religionen stehen wunderbare Vorkommnisse. Oft ist die Geburt des Religionsstifters von Wundern begleitet. Wunder ranken sich um seine Biographie (Buddha, Zarathustra, Moses, Jesus). Das Zeugungs- und Geburtswunder nimmt den Religionsstifter gleichsam aus dem Normalen heraus und erhöht ihn über seine Umwelt. Die christliche «Weihnachtserzählung», die Lukas überliefert (Lk. 1-2), ist von Motiven durchsetzt, die sich auch in anderen außerchristlichen Geschichten von wunderbaren Geburten finden. Das Dionysoskind, Sohn des Zeus und einer sterblichen Mutter, der später zum leidenden, sterbenden und von den Toten auferstehenden Gott wird, liegt in einer Getreideschwinge (Griechische Religion), das Jesuskind wird in eine Krippe gebettet. Die Lichterscheinung in der Nacht ist ein weit verbreitetes religiöses Motiv: «Mitten in der Nacht sah ich die Sonne strahlend im leuchtenden Licht », heißt es bei den Isisweihen (Isis: ägyptische Göttin, Gemahlin des Osiris, Ägyptische Religion). Auch der Ruf: «Euch ist heute der Heiland geboren », stammt aus Mysterienfeiern. «In dieser Stunde, heute, gebar die Jungfrau den Aion », wurde am Geburtsfest des Gottes Aion verkündet (Aion, griech. «Zeit », erscheint als Gott in schlangenumwundener Menschengestalt mit Löwenkopf). Das Motiv der Verkündigung großer Freude bei der Geburt des Heilandes gibt es auch in den Geburtslegenden von Buddha und Zarathustra. Nach der wunderbaren Geburt Jesu (Jungfrauengeburt) waren auch sein Leben und seine Wirksamkeit begleitet von Wundern. Die Synoptiker berichten vom Wunder seiner Berufung (Taufgeschichte) und den ersten Heilungswundern als Auftakt seines Wirkens. Es folgen Dämonenbeschwörungen, Totenerweckungen und Naturwunder. (Dämonen)Diese Erzählungen kamen meist da- durch zustande, dass man volkstümliche Geschichten von Wundertätern nachträglich auf Jesus übertrug. Dies zeigt sich, wenn man die zahlreichen Parallelen zu den neutestamentlichen Wundern in der antiken Literatur zum Vergleich heranzieht. Ein Gegenstück zur Geschichte von Jesu Seewandel wird beispielsweise von Buddha überliefert, der angeblich über die Fluten des Ganges schritt (bei Hiob 9, 8 ist die Rede von Gott selbst, « der einherschreitet auf den Höhen des Meeres »), und auch Josua und Elias gingen trockenen Fußes durch den Jordan (vgl. Ps. 77; 20; Jes. 43, 2; 43, 16; Jos. 3, 7ff.; 2. Kö. 2, 8). Das Speisungswunder Jesu (Mk. 6, 34 ff.; 8, 1 ff.) verarbeitet alttestamentliche Motive (2. Kö. 4, 42 ff.; vgl. auch 1. Kö. 17, 11 ff.) und hat Parallelen in der hellenistischen, indischen und chinesischen Literatur sowie in den Märchen zahlreicher Völker. 2. Die Wunder, die im Neuen Testament erzählt werden, sollen beweisen, dass Jesus der Messias war. (Christus) Die Geheilten und von Dämonen Befreiten sind nur Statisten auf der Bühne des außergewöhnlichen Geschehens, während das Licht des Wunders auf den fällt, der es bewirkt. Das ist auch außerhalb des Christentums so: Buddha weilte, ebenso wie Jesus (Phil. 2, 5), vor seiner Herabkunft auf die Erde unter den Gottheiten des Himmels. Er kam, um der Welt das Heil zu bringen. Bei seiner Geburt wurde er zum Erlöser deklariert, und seiner Mutter verhießen die Engel: «Alle Freude komme über dich, Königin Maya, jauchze und sei froh, denn dieses Kind, das du geboren hast, ist heilig.» Später machte Buddha Kranke gesund, Blinde sehend, Taube hörend, und Krüppel konnten wieder gehen. Seinen Jüngern sagte er: «Wer Ohren hat zu hören, der glaube.» Wie Jesus wollte er seine Wunder nicht als bloße Schaustellungen vorführen. Aber seine Anhänger und Nachfolger räumten den Taten des Wundermannes genauso viel Bedeutung ein wie die Christen denen des Jesus von Nazareth. Mythen und Legenden flochten sich um seine Gestalt wie um die des Jesus, und beide, Jesus wie Buddha, wurden schließlich vergöttlicht. Auch von Asklepios (lat. Äsculapius, ursprünglich ein Erddämon, ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. griech. Heilsgott) werden zahlreiche Mirakel berichtet, deren Umstände und Motive den Wundern des Neuen Testaments gleichen. Er heilte, genauso wie Jesus, Gelähmte, Stumme und Lahme durch bloße Berührung, wenn nötig auch durch Ferneinwirkung, stillte Stürme und erweckte Tote. (Aberglaube; Griechische Religion) Herakles (lat. Hercules), dessen Kult sich zur Zeit Jesu bereits ums ganze Mittelmeer herum ausgebreitet hatte, wurde, wie das Jesuskind, schon in der Wiege verfolgt; er starb mit demselben Ruf wie der gekreuzigte Jesus: « Es ist vollbracht.» (Vgl. Joh. 19, 30) Da bebte die Erde; sie spaltete sich, und eine Finsternis trat ein. Daraufhin schwebte Herakles zu seinem göttlichen Vater im Himmel. Auf Erden - und bisweilen auch über Wasser wandelnd - wurde Herakles zum Heiland, Wohltäter und Friedensbringer für die ganze Menschheit. Er brachte auch den Unterirdischen Erlösung und besiegte die Dämonen. Wie Jesus im Johannesevangelium, so wurde auch er mit dem Namen «Logos» geehrt. (Christologie) 3. In ihren Wundern streben die Religionen über die Begrenzung von Raum und Zeit hinaus, sie sprengen die Naturgesetze. Nach katholischer Lehre ist der Wunderglaube auch heute noch unverzichtbar. Die im Neuen Testament berichteten Wunder gelten (von Ausnahmen wie Totenerweckungen und Naturwundern einmal abgesehen) als historisch, insbesondere soll die Verbindung von Dämonenaustreibung und Gottesherrschaft « typisch jesuanisch » sein. Wunder gebe es immer wieder, damit der Mensch Gott im Sichtbaren zu erkennen vermöge. Im Leben der Heiligen hat die katholische Kirche unzählige Wunder festgestellt, und sie konstatiert auch jetzt noch wunderbare Heilungen (Fatima ; Lourdes). Der Prozess der Heiligsprechung eines außergewöhnlichen Menschen ist an folgende Bedingungen geknüpft: Es müssen mindestens 50 Jahre nach seinem Tod vergangen sein, und er muss mindestens zwei Wunder vollbracht haben, die contra naturam geschahen, also auf natürliche Weise nicht zu erklären sind. Deshalb sollen medizinische Gutachter die Unheilbarkeit der Krankheiten beweisen, die die zukünftigen Heiligen wunderbarerweise beseitigten. Judentum und Protestantismus haben den Wunderglauben erweitert und verallgemeinert: Nach Friedrich Schleiermacher kann man Religion und Wunder in eins setzen. Christus sei das Wunder schlechthin, und das Wunder Christi sei das Reich Gottes. Somit sind die Taten Gottes die eigentlichen Wunder. Seit der Aufklärung erscheint das Wunder als Beweis für die Irrationalität von Religion. Theologen wie Rudolf Bultmann versuchten den Konflikt zwischen moderner Weltanschauung und Wunderglauben dadurch zu überbrücken, dass sie die Wunder einem veralteten Weltbild zuschrieben, das man heute nicht mehr teilen könne und das « entmythologisiert » werden müsse, um den überzeitlich bedeutsamen Kern

1. Im NT ist das W. ein Mittel, die Botschaft von Gottes Zuwendung in Christus dem damaligen Hörer und Leser verständlich, anschaulich zu machen. Die Bedeutung Jesu Christi wird im W. bildlich dargestellt. Deshalb sollte man statt von W. besser von Zeichen sprechen, die auf die Bedeutung Jesu hinweisen. Die Zeichengeschichten wurden nicht streng Wort für Wort überliefert. Bestimmte Züge in der Erzählung wurden bei der Wiedergabe verstärkt oder abgeschwächt, je nachdem, was der Erzähler an der Person Jesu besonders betonen wollte, z. B.: Jesus überschreitet die Grenze zu den ’Unberührbaren((Mt 8,1 ff.); Jesus überwindet die Krankheit der Menschen an der Wurzel: der Sünde (Mt 9,1 ff.); deshalb wird erst der wirklich >heilnur> psychosomatische Leiden gehabt und seien durch eine Art Hypnose geheilt worden. Andere hielten an der wörtlichen Überlieferung fest und behaupteten, man müsse als Christ die W. so glauben, wie sie dort stehen. Das führte zu starken Spannungen in der Kirche. Heute weiß die Theologie, daß die Wahrheit der W. nicht mit den Maßstäben der Wahrscheinlichkeit gemessen werden darf, sondern daß W. erzählerische Mittel der Predigt von Jesus Christus sind. H.-J. J. Entmythologisierung; Gleichnis; Wahrheit

Wunder, theologischer Begriff (nicht auf den diristl. Bereich beschränkt) zur Bezeichnung des außerordentlichen Ereignisses, das jeglicher Erfahrung oder gar den Naturgesetzen widerspricht (Thomas von Aquin definierte: extra ordinem totius naturae). Augustinus war allerdings der Ansicht, daß das Ereignis nicht im Widerspruch zur Natur stünde, sondern in Widerspruch zu dem, was wir von der Natur wissen. Hume definierte das W. als die Aufhebung eines Naturgesetzes. Unbeschadet seiner theologischen Dimension ist das W. vor allem eine »soziale Tatsache« und eine »soziale Sanktion«. Auf die soziale Funktion des W.s verweist auch, daß die W.didate in verschiedenen Sozialstrukturen variieren.
 
 

 

 

 
 
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