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Besessenheit

 
       
  Besessenheit, das Beherrschtwerden eines Menschen oder einer Gruppe von Menschen (Besessenheitsepidemien) durch einen Dämon oder auch durch die Seele von Verstorbenen. Gegner des Okkultismus sehen in der B. eine Form von Hysterie Charcot, meistens mit sexuellem Hintergrund. In der modernen Psychiatrie wird die B. als »Multiple Personality Disease« (MPD) definiert. Grundlage ist eine Persönlichkeitsspaltung bzw. das Auftreten verschiedener komplexer Persönlichkeiten in einem einzigen Individuum, die zu gewissen Zeiten dominieren und dessen Verhalten bestimmen. Kennzeichen der B. sind: 1. Veränderung im Gesichtsausdruck, besonders verzerrte bis fratzenhafte Gesichtszüge. 2. Veränderung der Stimme, besonders in der Höhenlage. Eine Frauenstimme verwandelt sich in eine Baßstimme. 3. Eindringen einer neuen Individualität Bewußtseinsveränderung). In der Regel äußert sich dies durch unflätiges, den geltenden ethischen und religiösen Normen strikt zuwiderlaufendes Verhalten. Diese drei Veränderungen sind begleitet von übermäßiger Erregung (Tobsuchtsanfälle) und Bewegung der Körperglieder. Die B. ist in fast allen Religionen bekannt. Im Schamanismus gilt sie als ein erstrebenswerter Zustand. Die Bibel (NT, Lukas 8,28-31) sieht ihre Ursache darin, daß gefallene Engel sich Wohnungen im Menschen suchen, um nicht in die Hölle zu fahren. Nach der kath. Lehre werden drei Formen von B. unterschieden: 1. Umsessenheit (Circumsessio). Eine äußerst intensive Umlagerung eines Menschen durch einen bzw. mehreren Dämonen, die ihn an der Erfüllung seiner Aufgaben hindern. 2. Obsession. Der Dämon, der in dem Menschen wohnt, quält ihn oder verleiht ihm übermenschliche Kräfte. 3. Possession. Der Mensch ist ein willenloses Objekt des Dämonen (Exorzismus).

Besessenheit Fluch; Dämonen

Aberglaube; Dämon

Besessenheit, Krankheitsbild auf der Grundlage des Glaubens, eine andere Wesenheit (Gottheit, Dämon, Verstorbener, auch lebender Mensch und selbst Tier) habe mit ihren spirituellen Teilen Besitz von einem lebenden Menschen genommen, »wohne« in ihm, handle und spreche durch und aus ihm. Dabei tritt ein zweites Persönlichkeitsbewußtsein neben oder an die Stelle des ersten. Im Ausdruck (z. B. Mimik, Sprechweise) verändert sich der Besessene — die Sprechinhalte gehören immer zur neuen Individualität —, und im Fall der B. durch einen Toten können Angleichungen an dessen bekanntes Gebaren und Aussehen ( Transfiguration) auftreten. Bei der sog. dämonischen B. kommen sowohl fratzenartiges Aussehen als auch gewaltige motorische Leistungen vor. Liegt Doppelbewußtsein vor, d. h. ist der Patient passiver Zuschauer dessen, was geschieht, spricht Oesterreich von luzider B. ( Staudenmaier). Den häufigeren Fall, daß nur die besitzende Persönlichkeit auftritt, die zwar den Besessenen kennt, nicht aber umgekehrt, kennzeichnet Oesterreich als somnambule B. (oder dämonischer Somnambulismus). Es gibt spontane und gewollte B. In der gewollten, oft kultischen B. Umbanda) ist das Verhalten z. T. ritualisiert. So erkennt man in Westafrika an den Tanzschritten des Trancetänzers, welche Gottheit ihn gerade besitzt. Belege für B. finden sich in allen Kulturen in jeweils typischen Ausprägungen. Das Krankheitsbild der B. hat sich von den Berichten des N. T. bis zu den westeurop. Fällen des 19. Jh.s nicht geändert. (Das A. T. kennt nur einen Fall: Saul, den David durch Harfenspiel zu behandeln sucht; im N. T. finden sich an folgenden Stellen Belege: Matth. VII, 28 ff.; XII, 22, 24 ff., 43 f.; XVII, 14 ff.; Mark. I, 23-25; III, f., 22 f.; V, 5 f.; IX, 17 ff.; Luk., III, 23 ff.; VIII, 26 ff.; IX, 37 ff.; XI, 14 ff.; XIII, to ff.; Apg. XIX, 13-16.) Zur Entstehung der B. können mehrere Mechanismen beitragen: Eine ambivalente Gemütslage wird als B. interpretiert; 2. der Glaube, besessen zu sein, hat eine Bewußtseinsspaltung 2ur Folge; 3. »Infektion« (s. Surin im Fall —» Loudun); 4. Identifikation mit einem anderen (u. U. nach vorhergehender Halluzination); 5. die B. wird unwillentlich vom Arzt (Priester) oktroyiert; 6. aus Schuldbewußtsein kann die B. autosuggestiv hervorgerufen werden. Die Analyse zeigt nach Oesterreich in allen Fällen, daß die dem zweiten Ich zugeordneten Prozesse und Seelenzustände ursprünglich dem primären Ich angehören (also keine »echte« B. im theologischen Sinne). Dagegen steht die Hypothese, daß in der B. durch einen Lebenden, d. h. im telepathischen —» Rapport, auch tatsächlich der andere agieren könnte. — Die notwendige Voraussetzung der B. ist der Glaube an die Möglichkeit der B. beim Patienten und in seiner Umwelt; B. ist ein »Theater«, bei dem das Publikum »mitspielt«; so betrachtet ist der Exorzismus in gewisser Hinsicht Teil dieses »Theaters«. Besessene sind »auffallend häufig jüngere, sexualabstinente Frauen, bei denen der uneingestandene Drang zu erkennen oder zu vermuten war, mehr zu erleben und mehr zu bedeuten als die eigene Substanz hergab«. Tritt in dieser Situation der erotisch attraktive, aber unerreichbare Mann auf — sehr oft ein Priester ( den Fall Dittus) —, so kann das die B. auslösen. Verschiedene Formen des Mediumismus jüngerer Zeit können als Verwandte der B. aufgefaßt werden; im Spiritismus liegt sogar eine retheologisierte Form der B. vor. Die kath. Kirche verlangt nach dem Rituale Romanum (Exorzismus) Zeichen für eine »echte« B. Diese Zeichen bestehen z. T. in paranormalen Manifestationen wie Hellsehen und Xenoglossie und stellen das eigentlich pps. Relevante der B. dar. »Auf unvermutetes Vernehmen, daß zwei besessene Weibsleute in hiesiges Armenhaus gebracht worden, ging ich, Pfarrer, den 14. Dezember 1714 abends aus starkem Trieb meines Gewissens ins Armenhaus, und ... da fing bei der einen Besessenen ... alsbald der Paroxysmus damit an, daß der Satan aus ihr mich anfuhr: ,Du Narrenmaul! was tust du hier im Bettelhaus, du bekommst gewiß Läuse uswIch gab ihm die Antwort: >Durch das Blut, die Wunden und die Marter Jesu Christi sollst du überwunden und ausgetrieben werden!’, worüber er heftig schnaubte und brüllte und schrie: >Hätten wir Teufel Gewalt, wir wollten Himmel und Erde untereinander werfen usw., was Gott nicht sein will, das ist unser!’ ... Mittags um 11 Uhr kam diese Besessene auf mein Verlangen, aber nicht mit ihrem guten Willen, in hiesige Kirche, darin ich, um nach ihrem höchst jämmerlichen Zustand mich zu richten, den Gesang: >Gott der Vater wohn uns bei< singen ließ und nach nötig befundener Vorbereitung auf der Kanzel die zwei merkwürdigen Stellen von etlichen Besessenen, Markus 5. und 9. Kapitel, mit angehängter Applikation so lange vorlas, bis der Satan aus der Besessenen mir auf die Kanzel schrie: >Wann ist’s einmal genug?< Nach meiner erteilten Antwort: ’Wenn’s Gott genug ist, dir Teufel ist’s gleich genug!< beklagte sich der Satan über mich: >Wie quälest, wie plagest du mich! Wäre ich nur nicht in deine Kirche gegangen.< Als er unverschämt sprach: >Nur meine Kreatur muß leiden andern zum Exempel!’, stopfte ich ihm sein Maul also: ’Teufel! Die Kreatur ist nicht dein, sondern Gottes! Dein ist Kot und Unflat, Hölle und Verdammnis in Ewigkeit0 heiß! 0 heiß! 0 Qual! 0 Qual !Was hast du für ein Geplapper?< In-während des Betens, Schreiens, Kämpfens der Gemeinde, marterte der Satan die arme Kreatur jämmerlich, brüllte aus ihr entsetzlich und warf sie so starr, so unempfindlich zur Erde nieder, daß sie lange eiskalt, ohne daß man einen Atemzug bemerkte, wie ganz tot dalag, bis sie endlich mit Gottes Hilfe wieder zu sich selbst kam ... Obwohl nun die Besessene auch diesmal wieder den Gebrauch der gesunden Vernunft, bei welchem sie sich, nota bene, niemals zu entsinnen wußte, was der Satan aus ihr geredet, erlangt, so ließ ihr doch der Satan nach meinem Abschied nicht lange Ruhe, sondern quälte sie wie zuvor (Andreas Hartmann, Hauspostill, 1743; mitgeteilt bei Kerner 1834; zit. n. Oesterreich 1921: 8 f. — Für viele Fälle von B. ist es typisch, daß, wie hier, gleichsam nach bestimmten Regeln Herrschaft attackiert wird.)
Besessenheit, die Vorstellung oder das Gefühl, von einem Geist oder unkörperlichen Wesen »in Besitz genommen« zu sein, das die Persönlichkeitszüge ganz oder teilweise übernimmt und scheinbar unabhängig von dem betroffenen Menschen agiert. Geisterbesessenheit ist häufig im Wodu und im Spiritismus anzutreffen und erinnert an bestimmte Formen der Schizophrenie. Kontrolle und Exorzismus.
 
 

 

 

 
 
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