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Konfuzianismus

 
       
  Konfuzianismus chin.: ju-kiau »Lehre der Gelehrten«; Bez. für die chin. Familien-, Gesellschafts- und Staatsethik, die bis zu der Errichtung der Republik im Jahre 1912 in China bestimmend war. Ihr Begründer ist der chin. Weise und Staatsmann Konfuzius (551479 v. Chr.) Zu Lebzeiten hatte Konfuzius wenig Einfluß, erst der Kaiser Wu (156-187 n. Chr.) machte den K. zur Grundlage des Staates. Da die Natur des Menschen weder gut noch böse ist, bedürfe sie der Erziehung und des guten Beispiels. Die höchste Tugend ist die Schicklichkeit (chin.: lx), die sowohl Sitte, Anstand, Zeremonien und Riten umfaßt. Hierauf gründet sich ein umfassendes Tugendsystem, das u. a. die Elternliebe und die Ahnenverehrung fordert. Durch die Beachtung dieser Regeln verhält sich der Mensch analog dem Wirken des Himmels. Die Lehre des K. ist in einem umfangreichen Schrifttum niederlegt, das aus den kanonischen Büchern (King) und den klassischen (Schu) besteht. Von Konfuzius wurde das King verfaßt bzw. herausgegeben. Es umfaßt das 1 Ging, das Schu-king (Buch der Urkunden, das die Reden der berühmtesten Staatsmänner seit dem 7. Jh. enthält), das Schi-king (Sammlung von 305 Liedern) und das Li-ki (Sitten und Regeln für Opfer und Zeremonien), das Tich'- un-tsiu (Die Frühlings- und Herbstannalen des Staates Lu, aus dem Konfuzius stammt). Das Schu enthält das Lun-yü (Gespräche des Konfuzius mit seinen Schülern), das Tschung-yung (Weg der Mitte), das Ta-hio (große Lehre; die Weisheiten Konfuzius') und das Mengtsi (Gespräche des Philosophen Mengtsi, des berühmtesten Schülers des Konfuzius, der auch die Tradition seines Lehrers fortsetzte).

Lehre des Konfuzius, nach der die Familie die Grundlage der Gesellschaft und des Staates ist. Der K. war von 206 v. Chr. bis 1912 Staatsdoktrin und beeinflußt die Gesellschaften Asiens noch heute. Konfuzius verstand seine Lehre als praktisch moralische Philosophie, die vor allem die Verankerung des einzelnen, der Familie und des Staates in der Moral und damit der Menschlichkeit zum Anliegen hat. Der wichtigste Be- griff aus seiner Philosophie ist das chinesische Wort Li. Erfahrene Kenner der chinesischen Sprache sagen, daß eine Übersetzung dieses Wortes eigentlich nicht möglich ist. Jede Übersetzung ist daher nur eine Annäherung. Die gängigen Übersetzungen sind Tugend und Sittlichkeit. Für Konfuzius gibt es fünf Tugenden: Sittlichkeit, Weisheit, gegenseitige Liebe, Rechtschaffenheit, Ehrfurcht. Sehr wichtig war es ihm außerdem, die jahrtausendealten chinesischen Traditionen zu wahren und die drei „unumstößlichen Beziehungen" aufrechtzuerhalten: Die Unterordnung des Volkes unter den Staat, des Sohnes unter den Vater, der Frau unter den Mann.

Konfuzianismus Die chinesischen Religionen Taoismus und Konfuzianismus gehen auf einen gemeinsamen religiösen Mutterboden zurück, für den die Verehrung der Natur (in Gestalt der Gottheiten des Erdbodens und der Naturkräfte wie Wind und Regen, Berge und Flüsse, Sonne und Mond), der Ahnen und des Himmels charakteristisch ist. Der Mensch muss sein Handeln in Einklang mit dem Kosmos bringen. Der kosmische Weg, tao, verwirklicht sich im Wechselspiel der beiden Grundkräfte yang und yin. Im 12. Jahrhundert v. Chr. stellte der Herzog Tschou den Kult für seine Ahnen dem Himmelsdienst gleich. So wurde der Kaiser zum « Sohn des Himmels» und rückte in den Mittelpunkt des Kultes. In der Mitte des 8. Jahrhunderts v. Chr. büßte der Kaiser jedoch seine politische Macht ein; er war jetzt nur noch oberster Kultpriester. In dieser Zeit tiefer Gegensätze und Umbrüche wurde in China eine ganze Reihe großer Denker geboren. Der bedeutendste unter ihnen war Konfuzius (Kung-tzu, 55179 v. Chr.). Schon in der Kindheit soll die Darbringung von Opfern und die Verrichtung von Zeremonien zu Kung-tzus Lieblingsspielen gehört haben. Als Spross einer vornehmen, aber armen Familie schlug er die Laufbahn eines Verwaltungsbeamten ein. Mit fünfzig stieg er zum ersten Ratgeber seines Fürsten auf. Später gab er sein Amt auf und zog nun als politischer und militärischer Ratgeber von Hof zu Hof. Viele Schüler schlossen sich ihm an, die später selbst Regierungsstellen einnahmen. Im Alter verbreitete sich Kung-tzus Ruf als weiser Staatsmann und Lehrer. Von sich selbst sagte er: « Mit fünfzehn war ich auf Lernen aus. Mit dreißig stand ich fest. Mit vierzig hatte ich keine Zweifel mehr. Mit fünfzig kannte ich die Weisungen des Himmels. Mit sechzig war mein Ohr fähig, der Wahrheit zu gehorchen. Mit siebzig konnte ich den Begierden meines Herzens folgen, ohne das rechte Maß zu überschreiten.» Konfuzius lebte etwa in derselben Zeit wie Buddha (Buddhismus). Während Buddha seine gesellschaftliche Klasse verließ, versuchte Konfuzius in die herrschende Schicht hineinzuwirken. « Es sei ferne von mir zu behaupten», sagte er, « ich sei ein Göttlicher Weiser oder gar ein Guter Mensch. Ich kann noch nicht einmal hoffen, je einem Göttlichen Weisen zu begegnen, ich kann höchstens hoffen, einem wahrhaft edlen Menschen zu begegnen.» Er war Konservativer und Bürokrat und führte nicht einmal ein ausgesprochen religiöses Leben. « Chi Lu [ein Schüler] fragte, was es mit dem Dienst an den Geistern der Verstorbenen auf sich habe. Der Meister sagte: Chi Lu fügte hinzu: Er erhielt zur Antwort: » Das Hauptaugenmerk des Konfuzianismus ist überwiegend auf Fragen des rechten Verhaltens, politischer Strategien, des richtigen Ritus und moralischer Vorschriften gerichtet. Alles hängt davon ab, dass das Gesetz in seinen Einzelheiten beachtet und alle Vorschriften präzise eingehalten werden; wer nämlich die soziale Ordnung an irgendeiner Stelle verändert, gefährdet das Ganze. Tugend bezeichnet Konfuzius als jen -eine Verfassung und ein Verhalten, das der sozialen Situation angemessen ist, in der sich der Mensch befindet. Man stellte Kung-tzu folgende Frage: « Sollte man seine Feinde, als diejenigen, die uns Schaden zufügen, lieben ? » Der Befragte antwortete: «Keinesfalls. Beantwortet Hass mit Gerechtigkeit und Liebe mit Wohlwollen. Andernfalls wäre euer Wohlwollen verschwendet.» Dem Konfuzianismus gelang es, das ganze Erziehungssystem zu beherrschen. So verschmolz er schließlich mit der chinesischen Zivilisation. Konfuzius wurde zwar nicht zum Gott erhoben, aber als Vater des Systems verehrt. Als es dem Kaiser Wu nach 141 v. Chr. gelang, die Macht zu zentralisieren, machte er den Konfuzianismus zum Staatskult. Nur noch konfuzianische Bücher durften studiert werden. Die wichtigste militärische Frage war damals die Sicherung der Grenzen des Kaiserreiches. Die Konfuzianer erklärten jedoch, ein solches Problem gäbe es überhaupt nicht, wenn der Kaiser nur tugendsam wäre; einem tugendhaften Kaiser würden sich die Barbaren freiwillig unterwerfen. Tugend aber hieß nicht nur Vorsicht, sondern schloss auch Macht ein. Um 65 n. Chr. kam der Buddhismus nach China. Als es ihm gelang, die Massen zu gewinnen, schien der Konfuzianismus auszusterben. Erst im 7. Jahrhundert n. Chr. führte der Kaiser das konfuzianische System wieder ein. Andere Religionen wurden toleriert. 685 n. Chr. brachte Christian Ruben (in chinesischer Transkription: Alopen) das Christentum nach China. Sein Ersuchen, eine christliche Diözese zu gründen, wurde mit folgenden Worten genehmigt: «Die Länder haben ihre eigenen Religionen, so wie sie für deren Auslegung ihre Weisen haben. Alopen, offensichtlich ein Priester von gutem Charakter, hat Bilder und Bücher aus römischem Gebiet mitgebracht. Bei der Prüfung haben wir festgestellt, dass diese Lehren friedfertig sind und hinsichtlich der moralischen Prinzipien, die sie für sich in Anspruch nehmen, eine glaubwürdige Klarheit besitzen, denn sie sind logisch und ohne Verschwommenheit. Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass Alopen sie hier verkündet.» Die enge Verbindung mit dem Staat führte dazu, dass der Konfuzianismus bis zum Sturz des Kaiserreiches im Jahr 1912 Staatsreligion blieb. Als bürokratisches System brach er damals zusammen; als organisierter Kult und als Religion lebt er fort.
 
 

 

 

 
 
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