Volltextsuche:        
   A   B   C   D   E   F   G   H   I   J   K   L   M   N   O   P   Q   R   S   T   U   V   W   X   Y   Z   #   

 

   

Zufallsforschung

 
       
  Fast jeder Mensch hat schon einen Moment erlebt, in dem er dachte: »So ein Zufall! « Die Zufallsforschung (auch: Koinzidenzforschung) beschäftigt Psychologen, Philosophen und Mathematiker schon seit mehr als 2000 Jahren. Doch erst die moderne Wissenschaft entwickelte ernst zu nehmende Antworten auf die Frage, ob es Kräfte im Universum gibt, von denen wir höchstens vage Kenntnisse besitzen, und die wir mangels besseren Wissens als Zufall bezeichnen. Der Philosoph Arthur Schopenhauer (1788 1860) betrachtete Koinzidenz als »das gleichzeitige Auftreten von Ereignissen, die nicht kausal verbunden sind«. Er vertrat die Auffassung, dass Vorkommnisse, die gleichzeitig passieren, in parallelen Bahnen verlaufen.
Der Wiener Experimentalbiologe Professor Dr. Paul Kammerer führte ein Tagebuch über Zufälle und kam zu dem Schluss, dass es keine Zufälle gibt. Kammerer nannte das Phänomen »Serialität« und schrieb in seinem Buch »Das Gesetz der Serie«, Koinzidenz trete in Serien auf und sei wie Schwerkraft eine geheimnisvolle Größe. Kammerer kam »damit auf das Bild eines Weltmosaiks oder kosmischen Kaleidoskops, das trotz fortwährender Verschiebungen und Neuordnungen auch darauf achtet, gleich und gleich zusammenzubringen.«
Der Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung glaubte, man müsse die Erklärung jenseits dessen suchen, was normalerweise als Ursache und Wirkung bezeichnet wird. Jung hielt es für möglich, daß noch andere Formen von Raum und Zeit existieren. Also könnten offensichtliche Zufälle auf unbekannte Weise in Beziehung zueinander stehen. Der italienische König Umberto I. aß mit seinen Adjutanten in einem Restaurant in Monza (Italien), das er wegen eines Sportfestes besuchte. Einem der Adjutanten fiel die große Ähnlichkeit des Wirtes mit dem König auf. Als der König ihn an den Tisch bat und mit ihm sprach, wurden erstaunliche Parallelen offenbar: Der Wirt hieß auch Umberto, war wie der König in Turin, sogar am gleichen Tag, geboren. Er hatte am Tag der Hochzeit des Königs mit der Königin Margherita ebenfalls ein Mädchen namens Margherita geheiratet. Die Eröffnung seines Lokals fand am Tag der Krönung Umbertos zum König statt. Der König war fasziniert und lud seinen Doppelgänger spontan zu dem Sportfest ein. Doch am nächsten Tag wurde gemeldet, der Wirt sei bei einer Schießerei ums Leben gekommen. Während König Umberto sein Bedauern ausdrückte, wurde er selbst von einem Anarchisten ermordet. Der Schauspieler Anthony Hopkins sollte die Hauptrolle in dem Film »Das Mädchen aus Petrowka« nach einem Roman von George Feifer spielen. Er suchte das Buch tagelang vergebens in Londons Buchgeschäften und in Bibliotheken. Als er enttäuscht am Leicester Square auf die U Bahn wartete, fiel ihm ein Buch ins Auge, das jemand auf der Bank liegen gelassen hatte. Es war der gesuchte Roman. Dazu enthielt er sehr informative handgeschriebene Randnotizen. Später stellte sich heraus, dass Hopkins Feifers eigenes Exemplar gefunden hatte, das ein Freund Feifers vergessen hatte. Gerade mit Büchern soll es schon die eigenartigsten Zufälle gegeben haben. Arthur Koestler, der sein Leben lang wissenschaftliche Beweise für das Auftreten von Zufällen suchte, dem »Wortspiel des Schicksals«, wie er es nannte, prägte für die Zufälle mit Büchern den Begriff »Bibliotheksengel«.
Die Schriftstellerin Rebecca West erzählte ihm, wie sie im »Royal Institute of International Affairs« ratlos vor den langen Regalen mit Arbeiten über die Nürnberger Prozesse gestanden hatte. Das Buch, das sie suchte, fand sie nicht und beschwerte sich bei einem Bibliothekar. Um ihm zu verdeutlichen, wie schwierig die Suche sei, griff sie zur Demonstration wahllos ein Buch heraus. Es war nicht nur das gesuchte Buch, sie hatte es auf genau der Seite aufgeschlagen, die sie brauchte. Der Schriftsteller Derek Walters suchte in der chinesischen Abteilung einer Universitätsbücherei nach bestimmten Informationen. Er konnte kein chinesisch, und es war niemand da, der ihm helfen konnte. Er wollte gerade gehen, als ihm ein Buch aus dem Regal vor die Füße fiel. Es enthielt exakt die Informationen, die er suchte.
Sir Conan Doyle, der Vater des Sherlock Holmes, fand eine Geschichte des französischen Schriftstellers de Maupassant, die nahezu identisch mit einem Buch war, das er gerade in Arbeit hatte. Selbst der Ort der Handlung stimmte mit seinem überein: dieselbe Herberge am Gemmipass in der Schweiz.
Für erstaunliche Zufälle sorgte aber nicht nur der »Bibliotheksengel«. Es gibt auch unerklärliche Folgeunfälle. Bei einer Schiffskatastrophe im Ärmelkanal überlebte am 5. Dezember 1660 nur ein Matrose. Er hieß Hugh Williams. 120 Jahre später, 1780, wiederum am 5. Dezember, versank an der gleichen Stelle ein weiteres Schiff. Der einzige Überlebende hieß wieder Hugh Williams. Am 5. August 1820 versank auf der Themse in London ein Picknick Boot. Nur ein 5 jähriger Junge überlebte. Er hieß Hugh Williams. Im Zweiten Weltkrieg lief am 10. Juli 1940 ein britisches Schiff auf eine deutsche Mine. Es gab nur zwei Überlebende, ein Onkel und sein Neffe. Beide hießen Hugh Williams. Verblüffende Zufälle betreffen oft auch ganz belanglose Dinge. Der Zeitungsreporter Irv Kupcinet aus Chicago nahm sich in London ein Zimmer im Savoy Hotel. Als er eine Schrankschublade aufzog, fand er ein paar persönliche Dinge, die seinem Freund und Kollegen Harry Hannin gehörten, der mit den »Harlem Globetrotters« unterwegs war. Zwei Tage später bekam er einen Brief seines Freundes, den er im Hotel Meurice in Paris geschrieben hatte. Harry Hannin hatte in seinem Zimmer in einer Schublade eine Krawatte mit Kupcinets Initialen gefunden. In diesem Zimmer hatte Kupcinet einige Monate zuvor übernachtet.
Thomas Baker stieg in seinen Wagen, Marke American Motors Concord und stellte fest, dass es nicht sein Wagen sein könne, weil unbekannte Gegenstände auf den Sitzen lagen. Er rief die Polizei. Während er mit den Beamten diskutierte, fuhr ein völlig identischer Wagen vor. Die Fahrer schauten auf die Nummernschilder und stellten fest, dass jeder von ihnen im falschen Auto saß. Später stellte sich auch heraus, dass beide Fahrer Baker hießen. Nach Aussage eines Sprechers von American Motors steht die Wahrscheinlichkeit, zwei Wagen ihres Fabrikats mit demselben Schlüssel aufschließen zu können, 1000 zu 1. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei identische Autos zur gleichen Zeit am gleichen Ort parken, sei 10000 zu 1. Den folgenden Fall hat der Schriftsteller Arthur Koestler festgehalten. Ein zwölfjähriger Junge hatte ihm folgenden erschütternden Zufall geschildert:
Edgar Ellen Poe hatte vor vielen Jahren »Die denkwürdigen Erlebnisse des Arthur Gordon Pym« aus Nantuket geschrieben. Pym fuhr mit einem Schiff, das unterging. Die vier Überlebenden trieben schon viele Tage in einem Rettungsboot und standen vor dem Verhungern. Sie beschlossen, den jungen Kabinensteward Richard Parker zu töten und zu essen.
Einige Jahre später, im Sommer 1884, fuhr ein Cousin des Großvaters des Zwölfjährigen als Kabinensteward auf dem Segelkutter »Mignonette«. Auch dieses Schiff sank, und die vier Überlebenden trieben viele Tage ohne Nahrung in einem Rettungsboot. Die drei älteren Mitglieder der Besatzung töteten und aßen schließlich den Kabinensteward. Er hieß Richard Parker. Arthur Koestler ist diesem Bericht nachgegangen und hat die Einzelheiten sorgfältig recherchiert. Die Geschichte hatte sich wirklich so zugetragen.
 
 

 

 

 
 
Diese Seite als Bookmark speichern :
 
 

 

 

 
 
<< vorhergehender Begriff
 
nächster Begriff >>
Zufall
 
Zugun, Eleonore
 
     

 

Weitere Begriffe : Rechtshändigkeit | Biogenetisches Grundgesetz | Bardo
 
Lexikon Esoterik |  Impressum |  Rechtliche Hinweise |  Datenschutzbestimmungen |  Lexikon Religion
Copyright © 2010 Lexikon der Esoterik & Religion. All rights reserved.